Seltene Erkrankungen, die den Nieren schaden IgA-Nephropathie
Eine chronische Entzündung schadet dem Körper immer und in vielen Fällen massiv. Eines von etlichen markanten Beispielen: die sogenannte Immunglobulin A-Nephropathie in den Nieren, kurz IgAN. Die Erkrankung betrifft einen bestimmten Teil der Nieren, die Nierenkörperchen, deren Aufgabe es ist, das Blut zu filtern. Im Verlauf der Erkrankung lagern sich in den Nierenkörperchen sogenannte Immunkomplexe, die Antikörper vom Typ IgA enthalten, ab. Durch diese Ablagerungen kommt es zu einer fortlaufenden Entzündung.
Bei der IgAN handelt es sich um eine chronische Erkrankung. Derzeit gibt es keine Möglichkeiten zur Heilung.
Die Erkrankung kann sehr unterschiedlich verlaufen. In den meisten Fällen beginnt sie schleichend und bleibt über viele Jahre stabil. Selten ist auch ein schnell fortschreitender Verlauf mit frühem Verlust der Nierenfunktion möglich. Bei etwa 25–30 % der Patienten entwickelt sich innerhalb von 20–25 Jahren nach Erkrankung ein Nierenversagen.
Die IgAN ist die häufigste Erkrankung der Nierenkörperchen in Europa. Jedes Jahr werden nur 8 bis 25 Menschen von einer Million Erwachsenen im Alter unter 50 Jahren neu mit dieser Erkrankung diagnostiziert. Von einer Million Kinder erkranken jedes Jahr 3 bis 5 Kinder neu an einer IgAN. Eine sichere Diagnose kann nur der Facharzt mit einer Gewebeentnahme (Biopsie) stellen.
Risikofaktoren für ein rasches Fortschreiten der Erkrankung sind Übergewicht, Rauchen, Bluthochdruck und eine hohe Eiweißausscheidung im Urin (Proteinurie).
Zur aktuellen Therapie gehören vor allem diätische und Lifestyle-Maßnahmen wie eine salzarme Ernährung oder der Verzicht aufs Rauchen. Auch supportive Maßnahmen, um den Blutdruck einzustellen oder das Immunsystem mit Steroiden bei bestimmten Patient*innen zu unterdrücken sind eine Möglichkeiten.
C3G
Eine andere seltene chronische Entzündungserkrankung der Nieren ist unter dem Namen C3G bekannt („Complement factor 3 Glomerulopathy“). Jährlich erkranken weltweit 1 bis 2 von einer Million Menschen neu an C3G – hauptsächlich junge Erwachsene, aber auch Kinder. Im fortgeschrittenen Stadium berichten sie davon, dass sie körperlich und funktionell eingeschränkt sind und leiden zudem unter emotionalem Stress.
Aktuell vermutet man, dass Veränderungen auf genetischer Ebene eine Rolle bei der Entstehung der C3G spielen könnten. Diese lösen unterschiedliche Fehler in bestimmten Abläufen aus – beispielweise eine fehlgeschaltete Regulation eines bestimmten Teils des Immunsystems, dem Komplementsystem. Dies wiederum führt zu einer dauerhaften Aktivität des Immunsystems und somit zu Schädigungen und Entzündungsreaktionen in den Nieren.
Die Folge: Die Nieren arbeiten nicht mehr ordnungsgemäß.
Bei vielen Patienten folgt die Krankheit einem chronischen und schmerzlosen Verlauf. Es gibt auch Fälle mit schnell fortschreitender Progression, die bis zum Nierenversagen führen kann. Etwa die Hälfte der Patient*innen entwickeln binnen zehn Jahren nach der Diagnose ein Nierenversagen. Dann muss eine Dialyse ihr Blut regelmäßig reinigen.
Aktuell gibt es keine zielgerichteten Therapien zur Behandlung der C3G.
Das atypische hämolytisch-urämische Syndrom
Das atypische hämolytisch-urämische Syndrom (aHUS) gehört zu den sehr seltenen Erkrankungen. Es ist eine fortschreitende und lebensbedrohliche Form der sogenann¬ten thrombotischen Mikroangiopathie. Diese ist charakterisiert durch Schäden in den kleinsten Gefäßen, welche die Durchblutung der Niere beeinträchtigen. Dies kann irreversible Schäden zur Folge haben.
Das aHUS kommt sehr selten vor (jährlich bei weniger als einem Patienten unter 1 Million) und kann in allen Altersgruppen auftreten. Im Kindesalter sind Jungen und Mädchen etwa gleich häufig betroffen, während im Erwachsenenalter Frauen häufiger an aHUS erkranken als Männer. Genetische Veränderungen gelten als Risikofaktoren für die Entwicklung eines aHUS. Bei etwa der Hälfte der Patienten sind diese Veränderungen angeboren, allerdings können sie sich auch im Laufe des Lebens entwickeln. Für die Entstehung von aHUS sind weitere Auslöser entscheidend, dies können Stoffwechsel- und Autoimmunerkrankungen, Transplantatreaktionen, Infektionen, Schwangerschaft oder Drogenmissbrauch sein.
Beim aHUS treten verschiedene Symptome häufig ganz plötzlich auf, zum Beispiel:
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit
- Übelkeit, Erbrechen
- Blässe
- Schmerzen im Unterleib, Magen-Darm oder Bauchbereich
- Wassereinlagerungen
- Kurzatmigkeit
- Krampfanfälle
Heute sind zur aHUS-Behandlung spezifische biologische Therapieoptionen verfügbar, zu denen sogenannte Komplementinhibitoren zählen. Sie hemmen die anhaltende, unkontrollierte Aktivierung des Komplementsystems und gelten als Standardtherapie.
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